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Projekt RELynx: Luchse für Sachsen

Foto eines Felsens, in den ein Luchs und eine Inschrift gehauen wurden.
Luchsstein bei Hinterhermsdorf: Hier wurde der letzte Luchs Sachsens erlegt.  © Archiv Natsch LfULG, F. Strohbach

In den Jahren 2022 bis 2027 wird vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) das Projekt »RELynx Sachsen« durchgeführt. Im Zuge dessen werden bis zu 20 Karpatenluchse (Lynx lynx carpathicus) im Erz- und Elbsandsteingebirge ausgewildert.

Ziel ist es, in den sächsischen Wäldern eine sich fortpflanzende Population von Luchsen zu etablieren, die im Verbund mit den anderen Luchsvorkommen in Deutschland und Europa dazu beiträgt, die Art langfristig zu erhalten.

Ursprünglich kam der Eurasische Luchs (Lynx lynx) in allen größeren Wald- und Waldsteppengebieten Europas vor. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurden die großen Katzen in weiten Teilen ihres Verbreitungsgebietes in West- und Mitteleuropa durch Verfolgung und Zerstörung des Lebensraumes ausgerottet. In Sachsen wurde der letzte Luchs im Jahr 1743 bei Hinterhermsdorf in der Sächsischen Schweiz erlegt.

Es dauerte über 200 Jahre, bis im Jahr 1956 wieder ein Luchs in Sachsen gesichtet werden konnte, der auf einem Grenzweg von Böhmen kommend nach Sachsen wechselte. In den Folgejahren kam es zu unregelmäßigen Sichtungen von Luchsen, vor allem im südsächsischen Raum. Zwischen 2013 und 2019 konnte im Westerzgebirge ein Kuder (männliches Tier) regelmäßig nachgewiesen werden

Auch über die sächsischen Grenzen hinaus ist der Luchs eher selten: In Deutschland leben in drei voneinander isolierten Populationen im Harz, im Bayerischen Wald und im Pfälzerwald nur knapp über 100 Alttiere. Alle stammen aus Auswilderungsprojekten der letzten Jahrzehnte.

Wie stark der Luchs gefährdet ist, wird alle sechs Jahre über die Berichtspflicht zur europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) erfasst, in der relevanten Region wird der aktuelle Erhaltungszustand als ungünstig bis schlecht eingestuft. Gemäß FFH-Richtlinie und Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) gibt es eine rechtliche Verpflichtung zum Schutz streng geschützter Arten. Auf dieser Grundlage sind für den Luchs in Sachsen Maßnahmen zur Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes umzusetzen.

Der Luchs gilt als schlechter Besiedler: Die Großkatzen suchen sich bevorzugt ein Revier in unmittelbarer Nähe zur Ursprungspopulation. Nur in seltenen Fällen begeben sich einzelne Tiere auf große Wanderung; hauptsächlich sind dies die Kuder, nur ausnahmsweise die Katzen. Diese gebären jährlich im Mittel nur zwei Junge. Vor diesem Hintergrund ist eine natürliche Rückkehr des Luchses nach Sachsen wenig wahrscheinlich und ein besonderer Einsatz für den Schutz dieser Art notwendig.

Die Auswilderung in Sachsen ordnet sich in eine deutschlandweite Strategie ein. Da es keinen großen zusammenhängenden Lebensraum für diese Art in Deutschland gibt, soll ein Verbund von Populationen aufgebaut werden. Neben dem RELynx-Projekt in Sachsen sind Auswilderungsprojekte in Baden-Württemberg und in Thüringen in Vorbereitung.

Das Projekt »RELynx Sachsen« startete im September 2022 in eine gut einjährige Einführungs- und Sondierungsphase. In dieser Zeit wurde zunächst die Beantragung der jagdlichen und artschutzrechtlichen Genehmigungen vorbereitet. Parallel dazu wurden Kontakte zu den Projektpartnern im In- und Ausland sowie zu weiteren Interessensgruppen aufgebaut, um ein abgestimmtes Vorgehen zu gewährleisten und die verschiedenen Belange zu berücksichtigen. Darüber hinaus wurde recherchiert, wo geeignete Tiere zur Verfügung stehen.

Bei den Luchsen, die in Sachsen eine neue Heimat finden sollen, handelt es sich immer um Karpatenluchse und vorrangig um Wildfänge aus der Schweiz. Zudem können Waisenluchse ausgewildert werden: Junge Tiere aus den europäischen Vorkommen, die ihre Mutter verloren haben und noch nicht selbstständig in freier Wildbahn überleben könnten, werden in einer Auffangstation großgezogen und dann in die sächsischen Wälder entlassen. Darüber hinaus kommen Nachzuchten von Gehegeluchsen aus menschenferner Aufzucht in Betracht. Damit wird die Wildpopulation zusätzlich gestärkt – mit jedem ausgewilderten Tier kommt ein Luchs zur mitteleuropäischen Population hinzu. Insgesamt wird angestrebt, etwas mehr Katzen als Kuder anzusiedeln (Geschlechterverteilung von 60 Prozent zu 40 Prozent), um die Chancen für eine erfolgreiche Fortpflanzung zu erhöhen.

Die ersten Tiere wurden im Frühjahr 2024 im Staatswald des Forstbezirks Eibenstock im Erzgebirge ausgesetzt. Die Luchse wurden unmittelbar nach ihrer Ankunft freigelassen und werden nun mittels GPS-Senderhalsbändern gezielt überwacht. Bis zum Abschluss dieser zweiten Projektphase im Jahr 2025 sollen zehn Großkatzen ins Westerzgebirge gebracht worden sein. Je nach Ausbreitungsverhalten der Tiere und Verfügbarkeit neuer Tiere können in der dritten Projektphase (2025 bis 2026) bis zu zehn weitere Luchse ausgewildert werden. Dies kann bei Bedarf auch im Elbsandsteingebirge geschehen. Eine sich anschließende Evaluierungsphase ab 2027 beinhaltet ein intensives Monitoring und soll eine nachhaltige bestandsschützende Etablierung gewährleisten.

Mit der Umsiedlung von Luchsen in sächsische Wälder will der Freistaat seinen Beitrag dazu leisten, dass die Großkatzen ihre ursprünglichen Lebensräume in Deutschland wieder dauerhaft besiedeln können. Den in Sachsen ausgewilderten Tieren kommt dabei eine besondere Aufgabe zu: Sie sollen zu einer Vernetzung der vorhandenen und entstehenden mitteleuropäischen Luchspopulation beitragen. Als sogenanntes »Trittsteinvorkommen« sollen die Luchse die bestehenden bislang isolierten Harzer und bayerisch-böhmisch-österreichischen Populationen miteinander verbinden und für einen genetischen Austausch sorgen. Ebenso können sie über das Riesengebirge eine Brücke zur Ursprungspopulation in den Karpaten schlagen. Zudem kann ein Austausch mit der ebenfalls im Rahmen eines Auswilderungsprojektes entstehenden Population im Thüringer Wald stattfinden.

Das RELynx-Projekt ist als Artenschutzprojekt federführend beim LfULG angesiedelt. Der Auftrag hierfür kam vom Sächsischen Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft (SMEKUL) als oberste Landesbehörde.

In der aktuell laufenden Projektphase hat das LfULG über eine öffentliche Ausschreibung eine Stelle zur Projektkoordinierung vergeben, den Zuschlag hat die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung erhalten. Am zugehörigen Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz besteht eine lange Tradition in der Säugetierforschung, die Wissenschaftler können auf Spezialkenntnisse bei der Untersuchung von Großraubtieren und ihren Beutetieren zurückgreifen.

Für das Monitoring steht dem LfULG die Professur für Forstzoologie der Technischen Universität Dresden zur Seite. Diese führt im Auftrag des Freistaates Sachsen bereits seit dem Jahr 2008 eine koordinierte Beobachtung der größten Katze Mitteleuropas durch, um genaue Informationen zu Vorkommen, Verbreitung und Arealnutzung der sächsischen Luchse zu erhalten.

Obwohl Übergriffe auf Nutztiere nur selten vorkommen, können Luchse Schafe, Ziegen und in Gehegen gehaltenes Wild töten. Die Fachstelle Wolf des LfULG übernimmt die Rissbegutachtung und liefert damit die Grundlage für einen möglichen Schadensausgleich durch die Landesdirektion Sachsen. Zudem werden die Nutztierhalter bei der Prävention unterstützt.

Die Finanzierung erfolgt über Haushaltsmittel des Freistaates Sachsen.

Ansprechpartner

Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie

Referat 62: Artenschutz

Dr. Ulrich Zöphel

Telefon: 03731 294-2214

E-Mail: Ulrich.Zoephel@smekul.sachsen.de

Webseite: https://www.lfulg.sachsen.de

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