Projekt RELynx: Luchse für Sachsen
Im Jahr 2022 wurde das »Projekt RELynx Sachsen« durch den Freistaat Sachsen ins Leben gerufen. Im Zuge dessen sollen bis zu 20 Karpatenluchse (Lynx lynx carpathicus) im Erzgebirge ausgewildert werden.
Ziel ist es, in den sächsischen Wäldern eine Luchspopulation zu etablieren. Diese soll im Verbund mit anderen Luchsvorkommen in Deutschland und Europa dazu beitragen, die seltene und gefährdete Art langfristig zu erhalten.
Ursprünglich kam der Eurasische Luchs (Lynx lynx) in allen größeren Wald- und Waldsteppengebieten Europas vor. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurden die großen Katzen in weiten Teilen ihres Verbreitungsgebietes in West- und Mitteleuropa durch Verfolgung und Zerstörung des Lebensraumes ausgerottet. In Sachsen wurde der letzte Luchs im Jahr 1743 bei Hinterhermsdorf in der Sächsischen Schweiz erlegt.
Es dauerte über 200 Jahre, bis im Jahr 1956 wieder ein Luchs in Sachsen gesichtet werden konnte, der auf einem Grenzweg von Böhmen kommend nach Sachsen wechselte. In den Folgejahren kam es zu unregelmäßigen Sichtungen von Luchsen, vor allem im südsächsischen Raum. Zwischen 2013 und 2019 konnte im Westerzgebirge ein Kuder (männliches Tier) regelmäßig nachgewiesen werden
Auch über die sächsischen Grenzen hinaus ist der Luchs eher selten: In Deutschland leben in drei voneinander isolierten Populationen im Harz, im Bayerischen Wald und im Pfälzerwald nur knapp über 100 Alttiere. Alle stammen aus Auswilderungsprojekten der letzten Jahrzehnte.
Wie stark der Luchs gefährdet ist, wird alle sechs Jahre über die Berichtspflicht zur europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) erfasst, in der relevanten Region wird der aktuelle Erhaltungszustand als ungünstig bis schlecht eingestuft. Gemäß FFH-Richtlinie und Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) gibt es eine rechtliche Verpflichtung zum Schutz streng geschützter Arten. Auf dieser Grundlage sind für den Luchs in Sachsen Maßnahmen zur Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes umzusetzen.
Der Luchs gilt als schlechter Besiedler: Die Großkatzen suchen sich bevorzugt ein Revier in unmittelbarer Nähe zur Ursprungspopulation. Nur in seltenen Fällen begeben sich einzelne Tiere auf große Wanderung; hauptsächlich sind dies die Kuder, nur ausnahmsweise die Katzen. Diese gebären jährlich im Mittel nur zwei Junge. Vor diesem Hintergrund ist eine natürliche Rückkehr des Luchses nach Sachsen wenig wahrscheinlich und ein besonderer Einsatz für den Schutz dieser Art notwendig.
Die Auswilderung in Sachsen ordnet sich in eine deutschlandweite Strategie ein. Da es keinen großen zusammenhängenden Lebensraum für diese Art in Deutschland gibt, soll ein Verbund von Populationen aufgebaut werden. Neben dem RELynx-Projekt in Sachsen sind Auswilderungsprojekte in Baden-Württemberg und in Thüringen in Vorbereitung.
Das Projekt »RELynx Sachsen« startete im September 2022 in eine gut einjährige Einführungs- und Sondierungsphase. In dieser Zeit wurde zunächst die Beantragung der jagdlichen und artschutzrechtlichen Genehmigungen vorbereitet. Parallel dazu wurden Kontakte zu den Projektpartnern im In- und Ausland sowie zu weiteren Interessensgruppen aufgebaut, um ein abgestimmtes Vorgehen zu gewährleisten und die verschiedenen Belange zu berücksichtigen. Darüber hinaus wurde recherchiert, wo geeignete Tiere zur Verfügung stehen.
Bei den Luchsen, die in Sachsen eine neue Heimat finden sollen, handelt es sich um Karpatenluchse (Lynx lynx carpathicus). Die Tiere stammen aus verschiedenen Quellen. Es können Wildfänge aus der Schweiz nach Sachsen kommen. Zudem können Waisenluchse ausgewildert werden: Junge Tiere aus europäischen Vorkommen, die ihre Mutter verloren haben und noch nicht selbstständig in freier Wildbahn überleben können, werden in einer Auffangstation großgezogen und dann in die sächsischen Wälder entlassen. Darüber hinaus kommen Nachzuchten von Gehegeluchsen aus menschenferner Aufzucht in Betracht. Damit wird die Wildpopulation gestärkt – mit jedem ausgewilderten Tier kommt ein Luchs zur mitteleuropäischen Population hinzu. Insgesamt wird angestrebt, etwas mehr Katzen als Kuder anzusiedeln (Geschlechterverteilung von 60 Prozent zu 40 Prozent), um die Chancen für eine erfolgreiche Fortpflanzung zu erhöhen.
Die ersten Tiere wurden im Frühjahr 2024 im Staatswald des Forstbezirks Eibenstock im Erzgebirge ausgewildert. Die Luchse wurden unmittelbar nach ihrer Ankunft freigelassen und in den ersten Monaten mittels GPS-Senderhalsbändern überwacht. In den kommenden Jahren erfolgen weitere Auswilderungen. Bis 2030/2031 sollen bis zu 20 Karpatenluchse im Erzgebirge eine neue Heimat finden.
Mit der Umsiedlung von Luchsen in sächsische Wälder will der Freistaat seinen Beitrag dazu leisten, dass die großen Katzen ihre ursprünglichen Lebensräume in Deutschland wieder dauerhaft besiedeln können. Den in Sachsen ausgewilderten Tieren kommt dabei eine besondere Aufgabe zu: Sie sollen zu einer Vernetzung der vorhandenen und entstehenden Luchspopulationen beitragen. Als sogenanntes »Trittsteinvorkommen« sollen die Luchse die bislang isolierte Harzer und bayerisch-böhmisch-österreichischen Population miteinander verbinden und für einen genetischen Austausch sorgen. Ebenso können sie über das Riesengebirge eine Brücke zur Ursprungspopulation in den Karpaten schlagen. Zudem kann ein Austausch mit der ebenfalls im Rahmen eines Auswilderungsprojektes entstehenden Population im Thüringer Wald stattfinden.
Das RELynx-Projekt ist als Artenschutzprojekt federführend beim LfULG angesiedelt. Der Auftrag hierfür kam vom Sächsischen Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft (SMEKUL) als oberste Landesbehörde.
Über eine öffentliche Ausschreibung wurde die Projektkoordinierung an die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung vergeben. Am zugehörigen Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz besteht eine lange Tradition in der Säugetierforschung, die Wissenschaftler können auf Spezialkenntnisse bei der Untersuchung von Großraubtieren und ihren Beutetieren zurückgreifen.
Für das Monitoring steht dem LfULG die Professur für Forstzoologie der Technischen Universität Dresden zur Seite. Diese führt im Auftrag des Freistaates Sachsen bereits seit dem Jahr 2008 eine koordinierte Beobachtung der größten Katze Mitteleuropas durch, um genaue Informationen zu Vorkommen, Verbreitung und Arealnutzung der sächsischen Luchse zu erhalten.
Der Landschaftspflegeverband »Oberes Vogtland e. V.« mit der Naturschutzstation »Riedelhof« übernimmt die regionale Öffentlichkeitsarbeit für das Projekt. Der Verband ist seit über 30 Jahren im regionalen Natur- und Artenschutz aktiv und stark mit regionalen Akteuren vernetzt – optimale Voraussetzungen um Interesse für den Luchs in der Projektregion zu wecken.
Obwohl Übergriffe auf Nutztiere nur selten vorkommen, können Luchse Schafe, Ziegen und in Gehegen gehaltenes Wild töten. Die Fachstelle Wolf des LfULG übernimmt die Rissbegutachtung und liefert damit die Grundlage für einen möglichen Schadensausgleich durch die Landesdirektion Sachsen. Zudem werden die Nutztierhalter bei der Prävention unterstützt.
Die Finanzierung erfolgt bisher über Haushaltsmittel des Freistaates Sachsen.
Kontakt
Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie
Referat 62: Artenschutz
Dr. Ulrich Zöphel
Telefon: 03731 294-2214
E-Mail: ulrich.zoephel@lfulg.sachsen.de
Webseite: https://www.lfulg.sachsen.de