Wanderungen bei den sächsischen Luchsen

Seit rund einem Jahr streifen wieder regelmäßig Luchse durchs Erzgebirge: Im März 2024 begannen die Auswilderungen für »RELynx Sachsen«. Insgesamt fünf Tiere wurden seitdem in die hiesigen Wälder entlassen. Aktuell sind nach ausgedehnten Erkundungen und Wanderungen drei Pinselohren im Projektgebiet unterwegs. Es besteht die Hoffnung auf Nachwuchs, im Sommer sind zudem weitere Auswilderungen vorgesehen.
Das erste Jahr der Luchse in Sachsen war zunächst von Erkundungstouren und der Etablierung eigener Gebiete geprägt. Dabei zeigte sich ein deutlicher Unterschied zwischen den erfahrenen weiblichen Wildfängen und den jüngeren Männchen aus Nachzuchten. Nova und Alva durchstreiften zunächst großräumig das Erzgebirge bis nach Bayern und in den böhmischen Teil. Ab Mitte Juli hielten sie sich jeweils regelmäßig in einem bestimmten Gebiet auf, welches etwa 200 bis 300 Quadratkilometer groß war. Nova nutzte vor allem die Region um Eibenstock, Alvas Gebiet lag südwestlich davon eher auf tschechischer Seite. Im November 2024 verließ Alva die Region unerwartet und drang in das Gebiet von Nova ein, wo sie auch jetzt noch regelmäßig geortet wird.
Ob wegen Alva oder aus anderen Gründen, die Ursache ist unklar – Nova begab sich im Dezember auf Wanderschaft. Sie lief zunächst ins Vogtland, dann wandte sie sich nach Norden, überquerte dabei die A72 und die A9 und lief weiter bis in den Großraum von Jena. Eine solch weite Wanderung ist für Luchsweibchen eher untypisch, normalerweise überwinden vor allem die Männchen große Distanzen. Einen wichtigen Beweis hat Nova jedoch erbracht: Die Vernetzung der Luchsbestände zwischen Sachsen und Thüringen – ein wichtiges Ziel von »RELynx Sachsen« – kann funktionieren. Die Tiere können die Distanz unbeschadet überwinden und so für den dringend benötigten genetischen Austausch sorgen.
Die Nachzuchten Juno, Chapo und Anton merkten zwar relativ schnell, dass es keine Zäune um sie herum mehr gab, aber so große Erkundungen wie die Weibchen unternahmen sie nicht. Juno und Chapo bewohnten jeweils etwa 100 Quadratkilometer große Gebiete, Juno in der Region Eibenstock und Chapo in Tschechien südlich des Keilbergs.
Aber auch Chapo begab sich zuletzt auf Wanderschaft: Ende März, zum Ende der Fortpflanzungszeit, sind in dem Kuder anscheinend doch noch die Hormone erwacht: Er lief zielstrebig von seinem angestammten Gebiet zurück nach Sachsen in die Region, in der Alva sich aufhält. Dort wurde er mehrere Tage in unmittelbarer Nähe zu ihr geortet. Das Projektteam konnte noch seinen Rückweg nachvollziehen, bevor es ein Mortalitätssignal erhielt – Chapos Halsband war abgefallen und wurde kurze Zeit später im Wald gefunden. Chapo selbst geht es sehr wahrscheinlich gut. Ab nun geben die ausgebrachten Fotofallen Auskunft über seine Aktivitäten.
Nach Chapos Wanderung wächst die Hoffnung auf Luchsnachwuchs in Sachsen noch in diesem Jahr – gelingt dies, wäre das ein wichtiger Schritt für eine heimische Luchspopulation. Damit sich die Chancen dafür künftig noch verbessern, sind im Sommer 2025 weitere Auswilderungen vorgesehen.